Chronische Migräne: Vorgehen und Empfehlungen
Das Krankheitsbild der chronischen Migräne (CM) wurde erstmals in der 2ten Auflage in die IHS-Klassifikation (2004) der Kopf- und Gesichtsschmerzen aufgenommen, eine erste Anpassung der Diagnosekriterien erfolgte dann schon 2006. Nach dieser Definition müssen folgende klinische Merkmale vorliegen:
- in der Vorgeschichte findet sich eine episodische Migräne.
- in mindestens den letzten 3 Monaten kam es an 15 und mehr Tagen im Monat zu Kopfschmerzen und an mehr als 7 Tagen davon lagen migräne-artige Kopfschmerzen vor (im Sinne von: mittel- starke Kopfschmerzen, Photo-/Phonophobie, Übelkeit, pulsierender Charakter, Verstärkung bei normaler körperlicher Belastung, wobei nicht alle Kriterien erfüllt sein müssen).
- Es bestand kein Medikamentenübergebrauch und andere Ursache sind ausgeschlossen (z.B. idiopathische intrakraniale Hypertension; Schlaf-Apnoe-Syndrom).
Weltweit erhobene epidemiologische Daten zeigen, dass je nach benutzter Definition minimal 0,2% bis maximal 1,5% der Bevölkerung an einer chronischen Migräne leiden. Frauen sind vier Mal häufiger betroffen als Männer und bei bis zu 80% besteht eine begleitende psychiatrische Komorbidität. Ausgeprägtes Übergewicht, multiple Schädel-Hirntraumen und traumatische Erlebnisse in der Vorgeschichte stellen Risikofaktoren dar. Einen formalen Medikamentenübergebrauch findet man bei ca. 2/3 der Patienten, wobei unklar ist, wie viele davon tatsächlich als Medikamentenübergebrauchskopfschmerz einzuordnen sind. In den aktuellen Leitlinien wird zur medikamentösen Therapie basierend auf den bisher publizierten Therapiestudien Topiramat und Onabotulinumtoxin A empfohlen. Für Onabotulinumtoxin A gilt die Zulassungsbeschränkung, dass es nur nach dokumentiert erfolgloser Therapie bzw. wegen Nebenwirkungen beendeter Therapie der üblichen in der Migräneprophylaxe eingesetzten Medikamente durch einen mit der Therapie mit Botulinumtoxin A vertrauten Arzt eingesetzt werden darf. Topiramat wird in einer mittleren Dosierung von 100mg/tgl., Onabutulinumtoxin A in Dosierungen zwischen 150 und 190 Units eingesetzt. Injektionspunkte sind durch die Zulassungsstudien (PREEMPT 1 und 2) vorgegeben. Bei der Therapie der CM ist es aber unabdingbar, dass begleitende Erkrankungen im Therapiekonzept berücksichtig werden und es hat sich gezeigt, dass multimodale Therapiekonzepte die besten Erfolgaussichten haben. Die CM als eine chronische Erkrankung, die zu einer erheblichen Einschränkung der Lebensqualität und der allgemeinen Leistungsfähigkeit führt, gehört deshalb in die Hand eines mit dem Krankheitsbild vertrauten Spezialisten.